Daniel Ketteler
[Journal für Philosophie & Psychiatrie, April 2012, Original paper]
Zusammenfassung
Die bisherige Debatte um das Phänomen "Kreativität und Psychose" ist geprägt von einer Lagerbildung analytisch vs. biologisch orientierter Sichtweisen. Sichtet man jedoch sowohl die theoretische als auch die (biologisch-)experimentelle Fachliteratur zu diesem Thema, liegt es nahe, eine Verwandtschaft von kreativem und psychotischem Denken innerhalb neurofunktioneller Regelkreisläufe zu verorten. Verantwortlich für die Prozessierung hochspezifischer Sprachleistungen (z.B. von Ambiguitäten) ist offensichtlich ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen spezifischen Kortexarealen, den hier zu findenden lexikalischen Speichern, und modulierenden subkortikalen Einflüssen (Ketteler, 2008). Ist dieses Zusammenspiel massiv im Ungleichgewicht, entstehen möglicherweise Sprach- und Bedeutungszuschreibungsvariationen (vgl. Titone 2000, Wentura 2008, Ketteler 2010).
Kernhypothese des vorliegenden Aufsatzes ist, dass sprachlich-kreative Irritationen ständig auch im Gesunden im Sinne eines "abduktiven" (Peirce 1967, 1970) bzw. "translogischen" (Rothenberg 1990) Denkstiles genutzt werden. Störung von Kommunikation ist, wie zu zeigen sein wird, eher der Normalfall als eine Ausnahme (Jäger 2004). Hierbei bietet die schizophrene Symptomatik möglicherweise ein Schaufenster zum Studium dieses regulär-kreativen Ausnahmezustandes. Mit Timothy Crow (2000) ist zu fragen, ob nicht, neben der Sprachfunktion, auch die Kreativitätsfähigkeit der Preis des schizophrenen Erbes innerhalb des genetischen Pools Homo sapiens ist. Die diagnostischen Kategorisierungen innerhalb des ICD-10 bzw. DSM-IV sollten in Bezug auf eine stärkere diagnostische Beteiligung der Sprachfunktion grundsätzlich überdacht werden. Eine Revitalisierung Bleulerscher Sprach-Prioritäten könnte so zu neuen, innovativen Forschungsimpulsen führen.
Keywords: Kreativität, Psychose, Sprache, Ambiguität, Subkortex
Summary
(Genius and psychosis. Linguistic vagueness and its implications to the aetiology of schizophrenia.)
Former debates on "creativity and psychosis" were dominated by the dichotomy between psychoanalytic and biologic points of view. Regarding the recent literature, it is evident that there is a relationship between the neurofunctional pathologies in schizophrenia and the phenomenon of (linguistic) creativity. Subcortical-cortical networks which are also involved in the pathogenesis of schizophrenia are responsible for correct ambiguity resolution in the human brain (Ketteler 2008, 2010). Therefore irregular language processing might be the key to the understanding of creative thoughts by suggesting an "abductive" (Peirce 1967, 1970) or "translogical" (Rothenberg 1990) style of thinking. As pointed out by Jäger (2004), language confusion and disturbances are essential for language performance in general. Communication in total seems to be "risky" (Luhmann 1997). However, the fragility of language perception and processing has been neglected by many traditional linguists. Patients with schizophrenia show difficulties in processing semantic ambiguities (vgl. Titone 2000, Wentura 2008). According to Timothy Crow (2000) one might ask if not only schizophrenia might be "the price" that homo sapiens pays for language but also the price for linguistic or artistic creativity. Rethinking the Bleulerian focus on language symptoms (e.g. "loosening of associations") might open new perspectives in understanding the aetiology of schizophrenia.
Keywords: creativity, psychosis, language, ambiguity, subcortex
Einleitung
Über das Thema "Kreativität und Psychose" wird aktuell wenig publiziert und auch über den sicherlich von Klischees umlagerten Themenkomplex "Genie und Wahnsinn" wurde von professionell-psychiatrischer wie literaturtheoretisch-linguistischer Seite lange Zeit geschwiegen. Doch so abgeschmackt und abgedroschen die Wortpaarung "Genie und Wahn" auch daherkommt, so sehr sie in unseren allgemeinen Sprachschatz hineingesickert ist – in den cleanen Hörsälen der evidenzbasierten biologischen Psychiatrie hat sie nichts von ihrer provokativen Brisanz verloren. Diese offensichtliche Virulenz muss nicht nur den zeitgenössischen (Kultur-)Wissenschaftler neugierig oder zumindest stutzig machen. Was ist so provokant und unzeitgeistig an einem vermeintlichen Zusammenhang zwischen der Disposition zur Psychose und intellektuell-kreativer Höchstleistung? Die Frage ist, ob nicht ein derartiges Provokationspotential einhergeht mit der prinzipiellen Ambivalenz, in welcher sich die, dem eigenen Anspruch nach sämtliche Aspekte der Psychopathologie umfassende, zeitgenössische soziokulturell-biologisch orientierte Psychiatrie befindet? Ein Zusammenhang von Kreativität und Psychose, derartiges scheint in den Ohren objektiv messender Ärzte zunächst kaum evaluierbar.1 Doch je mehr man (auch durch die eigene klinische Erfahrung) ahnt: es besteht ein Zusammenhang zwischen Formen intellektueller Höchstleistung, kreativem Potential und einer psychiatrischer Erkrankung wie die der Psychose, desto heftiger wird jeder ernsthafte Forschungsimpuls in diese Richtung verdrängt, geradeso als könne das die eigene, nur mühsam ins objektive Licht gerückte und mit Mühe etablierte junge Fachdisziplin "Psychiatrie" stören.2
Es gibt durchaus auch psychologische Untersuchungen, etwa von Srivastava et al. (2010) oder Strong und Ketter (2007), die sich dem Phänomen der Kreativität mittels testpsychologische-naturwissenschaftlicher Methoden nähern. So fand die oben genannte Forschergruppe, dass ein tatsächlich belegbarer Zusammenhang zwischen bipolar erkrankten Personen sowie hochgradig Kreativen und deren Kreativitätswerten im Rahmen von diversen Testinstrumenten besteht (wie etwa der Barron-Welsh Art Scale (BWAS), der Adjective Check List Creative Personality Scale, oder der Figural and Verbal Torrance Tests of Creative Thinking). Insgesamt bleibt, bei aller Faszination, eine enorme Diskrepanz zwischen der künstlerisch produktiven wie rezeptiven Individualerfahrung und einer testpsychologischen Auswertung wie in der oben genannten.
Die Literatur- bzw. Sprachtheorie scheint hier flexibler, kann sie sich doch gelassener dem Einzelfall zuwenden. George Steiner ("Warum Denken traurig macht", 2008) vermutet "intuitiv", dass intellektuelle Höchstleistung geradezu toxische Auswirkungen auf einen überstrapazierten Hirnmetabolismus haben könnte: "Unserer Intuition, unseren Eindrücken zufolge erfahren wir nach längerwährenden Perioden sequentiellen oder unter Druck ausgeführten Denkens eine Ermüdung analog zu jener der Muskeln. Mathematiker, formale Logiker, Computerprogrammierer, Schachspieler oder Simultandolmetscher berichten von Erschöpfungszuständen, vom ‚Ausgebranntsein’" (Steiner 2008, 53).
Steiner spricht von der zermürbenden Ambivalenz des maximal angestrengt Denkenden, denn "Wir werden niemals wissen, wie weit das Denken reicht im Hinblick auf die Gesamtheit der Realität" (ebd., 21). Diese scheinbar unendliche Reichweite des Denkens führe so unweigerlich zu einer Art Melancholie, die Begrenztheit und das dennoch unendlich Weite, das haltlos-freie Flottieren des menschlichen Denkprozesses sei es, was den Kreativen zugleich fasziniert und schließlich immer wieder einsam und resigniert zurückwirft.
Anstelle des kulturhistorisch überfrachteten Terminus "Genius" soll im Folgenden neutraler von "Kreativität" gesprochen werden. Ziel dieses Aufsatzes ist zum einen eine Sichtung des bisherigen Forschungsstandes zum Zusammenhang (sprachlicher) Kreativität und Psychose. Desweiteren soll über einen primär sprachtheoretischen Ansatz die prinzipielle Bedeutungsflexibilität der Sprache und die hiermit einhergehende Störanfälligkeit von Kommunikation diskutiert werden. Besonderes Augenmerk gilt hierbei aktuellen neurolinguistischen Untersuchungen zu hochspezifischen Sprachprozessierungen bzw. diese Prozessierungen steuernden neurofunktionellen Regelkreisläufen.
Wenn im Folgenden von Kreativität gesprochen wird, ist dieser Begriff (auch im Gegensatz zum Terminus der "Genialität") durchaus breit gefasst. Und zwar geht es im weitesten Sinne um Neuschöpfungen und Neukombination bisher unerwarteter Entitäten zu einem kulturell interessanten kulturellen Mehrwert. Dennoch scheint der Übergang von alltäglicher Kreativität hin zu künstlerischer Höchstleistung fließend.3
Während historisch dem Geniegedanken große Bedeutung zukommt, wurde der Begriff der Alltagskreativität durch Überlegungen der modernen Psychologie geprägt. Ausgehend von einer Engführung sprachtheoretischer und neurolinguistischer Diskurse um die Kreativität lässt sich womöglich eine konsistente Theorie der Bedeutungsfindung sowie eine weniger defizitorientierte Sichtweise im Blick auf die Sprachpathologie bei schizophrenen Erkrankungen entwickeln. Ein solches neurolinguistische Gesamtmodell sollte auch den engen Zusammenhang zwischen kreativer Sprachleistung und den scheinbar unmotivierten Sprachentgleisungen in der Psychose erkennbar werden lassen.
Grundlegend ist anzunehmen, dass ein Zusammenhang von psychopathologischen Sprachsymptomen bei der Psychose, speziell den schon von Eugen Bleuler (1911) in den Fokus seines Interesses gerückten "assoziativen Lockerungen", und kreativen Findungs- und Produktionsprozessen besteht. Dieser Zusammenhang ist womöglich gerade nicht in erster Linie ein rein psychodynamischer, wie z.B. von Mentzos (2004) und Navratil (1999, 1986) postuliert, sondern, was zu zeigen ist, im Kern ein psycholinguistischer.
Stavros Mentzos (2004, 21) spricht davon, dass "Psychosen" bei vorhandener Begabung "durch die implizite Lockerung der Assoziationen […] zu einer Förderung der Kreativität führen." Dies gelte speziell für den Beginn einer Erkrankung. Ähnlich wie einige Jahrzehnte zuvor der Heidelberger Psychiater Prinzhorn (1922) interessierte sich Navratil für die künstlerischen Produktionen seiner Patienten. Navratil geht davon aus, dass die schizophrene Erkrankung bei einigen Patienten ein Kreativitätspotential wecke, welches sonst verschüttet sei. Insbesondere die lyrischen Texte seines Patienten Herbeck faszinierten Navratil. Momente größter Kreativität beobachtete er bei seinem Patienten, besonders in dessen "akuten Phasen", etwa dann wenn es zu einem "Sprachzerfall" komme, und zwar "auf der Ebene der Wörter, der Grammatik, der Bedeutungen und der Orthografie." (ebd., 30). Schon Emil Kraepelin bezeichnete einen solchen "Sprachzerfall" 1915 als "Schizophasie". Dieser Terminus fand Eingang in moderne Lehrbücher der Psychopathologie. Christian Scharfetter (2002, 60) erkennt, dass den bereits von Kraepelin beschriebenen unverständlichen Sprachäußerungen Schizophrener durchaus ein relevanter und erhaltener Satzcharakter zugrunde liegen kann.
Widmete sich Prinzhorn hauptsächlich den bildnerischen Hervorbringungen seiner Patienten, lag bei Navratil ein wesentlicher Fokus auf der sprachlichen Komponente der künstlerisch-schizophrenen Symptome. Beide Ärzte, Prinzhorn wie Navratil waren Außenseiter in ihren wissenschaftlichen Milieus. Navratil suchte jedoch explizit die Nähe zur Schulpsychiatrie, z.B. zum Bleulerschen Oeuvre. In einem Gedenkaufsatz für Manfred Bleuler (Navratil 2004, 23) provoziert Navratil eingangs mit der These: "Schizophrene sind Künstler, wir geben ihnen nur keine Gelegenheit, ihre künstlerischen Fähigkeiten in die Tat umzusetzen." Navratil betont, dass sein dichtender Patient Herbeck stets nur auf Anregung seines Arztes zu Schreiben begann, auf eigene Initiative dichtete der Patient kaum. Er benötigte, im Gegensatz zu den meisten genuin tätigen Dichtern, immer wieder eine Themenvorgabe, einen Anstoß.
Die distanzierte Ablehnung oder Nichtbeachtung der psychiatrischen Kreativitätsforschung von Seiten der Schulpsychiatrie mag, wie bereits oben skizziert, zum grossen Teil an deren Bestreben hin zu einer modernen und "objektiven" Tatsachenwissenschaft liegen, zum andern durch einem zunehmenden Einfluss der Apparatemedizin (bildgebende Verfahren) und den hiermit verbundenen konkreten Messmethoden bedingt sein. Von Seiten der Kunstschaffenden selbst jedoch erhielten die kunstsinnigen Psychiater stets größte Wertschätzung und Beachtung. Die Expressionisten zeigten sich stark von der Herausgebertätigkeit Prinzhorns inspiriert, ebenso wie Dichter wie Ernst Jandl die von Prinzhorn und Navratil entdeckten Künstler breit rezipierten.4 Navratil (1999, 24) betont in Bezug auf die Gedichte seines Patienten Herbeck: "Ich erkannte die schizophrene Störung darin; gleichzeitig aber erkannte ich – ihre Poesie."
Bereits 1887 erschien das Werk "Genie und Irrsinn". Der Psychiater Lombroso beschreibt hier anschaulich das durchaus erstaunliche Phänomen, dass Geisteskranke mit einer sonst völlig unkreativen Vergangenheit, während ihrer Psychose beginnen, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Lombroso vermutet einen Zusammenhang zwischen diesen Phänomenen und dem Schaffensprozess des Künstlers. Neben dieser sicherlich hochinteressanten Beobachtung pathologisierte Lombroso allerdings posthum und teils wahllos zahlreiche offenbar eindeutig nicht geisteskranke Künstlerpersönlichkeiten. Ähnlich wie Lombroso verfährt auch Wilhelm Lange-Eichbaum (1956) in seinem Buch "Genie, Irrsinn und Ruhm", in welchem er auf eine ebenfalls sehr überspitzte Art und Weise bedeutende historische Figuren pathologisiert. So findet man in seinen teils ausufernden "Psychographien" Lexikoneinträge zu einzelnen Persönlichkeiten. Über Georg Büchner ist etwa das Verdikt zu lesen: "Ruhelos, reizbar, prämorbid für Schizophrenie" (ebd., 283).
Die Arbeiten des Berliner Nervenarztes Alexander Mette hingegen betreten früh das Feld einer neurolinguistisch-empirischen Forschungsrichtung: in seinem 1928 erschienenen Buch "Über Beziehungen zwischen Spracheigentümlichkeiten Schizophrener und dichterische Produktion" führt Mette das Wichtignehmen von Sprache bei schizophrenen Patienten auf deren gesteigerte Bedeutungsaufladung von subjektiv erlebten Ereignissen zurück. Mette stellt Bezüge zur Traumsprache her und findet, dass sich die Metaphern von Dichtern formal nicht von Spracheigentümlichkeiten Schizophrener unterscheiden. Der Unterschied zwischen Dichter und Geisteskrankem sei primär ein soziologischer, da der Dichter, im Gegensatz zum Kranken, ein Publikum im Auge habe. Diese Ausführungen formulieren bereits wesentliche Denkansätze für die heutige Forschung und bieten Anknüpfungspunkte für eine Engführung kulturwissenschaftlicher bzw. biologisch-psychiatrischer Forschung.
In seinem Werk "manisch-depressiv. Zur Psychodynamik des Künstlers" rezipiert Navratil (1999) die bisherige Literatur zum Thema. Zum Buch seiner Kollegin Kay Redfield Jamison, Professorin für Psychiatrie an der John Hopkins University School of Medicine, bemerkt er, dass zwar auch Jamison erkenne, dass das
"manisch-depressive und das künstlerische Temperament […] sich in verschiedener Weise überschneiden und in einer ursächlichen Beziehung zueinander stehen. Eine Erklärung dieses Zusammenhanges bleibt Jamison allerdings schuldig, da sie auf dem Boden der biologischen Psychiatrie steht, der Erblichkeit eine große Bedeutung zumißt [sic!] und sich psychodynamischer Spekulationen enthält" (Navratil 1999, 158).
Diese Aussage beschreibt das Dilemma bisheriger, rein empirisch orientierter vs. psychoanalytischer Kreativitätsforschung. Jamison (1993) untersuchte u.a. Verwandtschaftsbeziehungen und hiermit in Zusammenhang stehende Krankheitsgeschichten zahlreicher Künstler. Sie erkannte genealogische Zusammenhänge zwischen dem Auftreten wiederholter manisch-depressiver, depressiver oder psychotischen Erkrankungen und künstlerischer Veranlagung. Navratil (1999, 150) hingegen fokussiert im Geiste der Wiener Schule rein auf psychoanalytische Konzepte und beschreibt, dass etwa Kunst "als Nachfolger des Übergangsobjektes und des kindlichen Spiels im Sinne eines illusionären Mutterersatzes entstehen (Winnicot)" könne. In diesem Falle brauche die Kunst nichts "Psychopathologisches an sich zu haben" (ebd.). Künstlerisches Schaffen könne aber auch eine "manisch-depressive Psychodynamik zugrunde liegen", welche "mit der Psychodynamik schizophrener Prozesse verwandt" sei (ebd.).
Es liegt auf der Hand, dass eine Verwandtschaft zwischen kindlichem Spiel und künstlerischer Betätigung besteht, ebenso wie die, auch gegenüber schizophrenen Psychosen, gesteigerte Vererbbarkeit bipolarer Erkrankungen gut belegt ist (vgl. Möller et al. 2005). Beide Positionen, biologische und psychodynamische, schließen sich allerdings keineswegs aus. Frühere Ansätze scheinen geprägt von einem Lagerdenken, von einer Verhärtung der Fronten zwischen biologischer Psychiatrie vs. Psychoanalyse.
Bemerkenswert scheint in Bezug auf die kindlich-künstlerische Experimentierfreude vor allem ein Bezug zu Mechanismen der kindlichen Sprachentwicklung, welcher bisher nicht ausreichend gewürdigt wurde. Die kindliche Spiel- und Experimentierfreude ist wohl zu großem Teil psycholinguistisch bedingt und inzwischen gut beforscht (vgl. Szagun, 1996). Die offensichtlich sinnliche Freude des Dichters am Spiel mit der Sprache, am Wenden und Drehen von Sinn- und Satzzusammenhängen, am Reim und an der Wiederholung, ja an der für die Sprachentwicklung typischen Über- und Unterdehnung, all dies finden wir (bis ins Extrem gesteigert) sowohl bei Kindern, als auch bei Schriftstellern wie bei psychotisch Erkrankten. Grundsätzlich sind also auch hier, neben psychodynamischen, psycholinguistische Mechanismen wahrscheinlich.
Albert Rothenberg (19905, 7) konnte in zahllosen, transkripierten Interviews (nach eigenen Aussagen über "2000 hours") mit kreativ tätigen Menschen keine statistisch gemeinsamen Persönlichkeitszüge erkennen. Weiterhin schienen diese Personen nicht intelligenter als ein Durchschnittskollektiv. Was alle diese Individuen eine, sei einzig eine starke Motivation, der Drang, sich kreativ zu betätigen. Entscheidend seien hierbei auch nicht geniale Gedankeneingebungen sondern harte und ausdauernde Arbeit an einem Thema.
Es scheint also geradewegs so, als dass es den Kreativen gelingt, nicht primär zugängliche Ressourcen zu mobilisieren, also Fähigkeiten zu aktivieren, die nicht wie das banale Hören und Sehen oder ein gewöhnlicher Gedankenfluss abrufbar sind. Kreatives Denken strengt an, ist nicht willkürlich sondern vergleichbar mit der Arbeit eines Muskels (Steiner, 2008), welcher erlahmen oder gar reißen kann. An diesen Sollbruchstellen sind vermutlich auch die vulnerablen Stellen im Hinblick auf die psychische Stabilität der Kunstproduzenten und zu suchen.
Um zu einer konsistenten Theorie der sprachlichen Kreativität und Bedeutungsfindung bei psychotischen Prozessen zu gelangen, soll im Folgenden versucht werden, sich diesem Themenbereich a) von psycholinguistisch-neurolinguistischer Seite zu nähern und b) zum anderen sprachtheoretische Ansätze in die Debatte einzuführen.
Mit Timothy Crow (1997) ist zu fragen, ob die gestörte Sprachfunktion nicht auch prinzipiell ursächlich für sämtliche Bedeutungsfehlzuschreibungen (Wahn, Stimmen-hören, Paranoia) bei der Schizophrenie sein könnte? Entscheidend für eine fehlerhafte Bedeutungszuschreibung sind am ehesten semantische Fehlassoziationen.
Die Bedeutungsflexibilität von Sprache. Störung als Normalfall.
Störanfälligkeit von Kommunikation sollte nicht länger rein defizitär, sondern durchaus im Sinne eines Kreativitätsreservoirs verstanden werden. Eine Krankheit wie die Schizophrenie bietet für den genauen und über die reine Datenfokussierung hinaus tätigen Forscher durchaus ein Scheinwerferlicht ins Dunkel sprachlicher Kreativprozesse. Vielleicht muss unter dieser Perspektive auch eine hochstigmatisierte Erkrankung wie die Schizophrenie durch die stärkere Betonung und ein besseres Verständnis regulärer Störanfälligkeiten neu bewertet werden. Sprachliche Störung ist, und viele Theoretiker zielen in diese Richtung – durchaus ein Normalfall. Ludwig Jägers zentrale These, "dass Störungen und ihre transkriptive Bearbeitung [...] ein zentrales Verfahren der sprach¬lichen Sinnproduktion darstellen" (Jäger 2004, 35), führt so zu einer Neu¬bewertung des Begriffs Störung, vor deren Hintergrund sich Kommunikation, in Anlehnung an Luhmann (1997, 119), grundsätzlich als "riskant" verstehen lässt. Das Gelingen von Kommunikation ist, entgegen landläufiger Annahmen, eher als eine Ausnahmeerscheinung zu verstehen, Irritation hingegen ein unausweichliches und dazugehöriges Kontinuum innerhalb jeder kommunikativer Interaktion. Kommunikation ist ein Prozess ständiger Transkription und Re-lektüre (vgl. Jäger 2004) in dem eine Bedeutungsfindung, je nach kontextueller Umgebung, Schritt für Schritt prozessiert wird.
Davidson (2005) verwendet den Begriff der "Malapropismen" für den Rezipienten irritierende Wortverwendungen. Die Figur der "Mrs. Malaprop" entstammt einem Schau¬spiel Sheridans mit dem Titel "The Individuals". Mrs. Malaprop nutzt ihre Sprache häufig in kreativ-unpassender Weise. Als Beispiel für eine solche deviante Wortverwendung nennt Davidson z.B. den Ausspruch: "Vor unserem Schröpfer sind wir alle gleich" (ebd., 117). Davidson erkennt die wie selbstverständliche Fähigkeit eines jeden Interpreten, die mit diesem Satz ursprünglich intendierte Bedeutung, trotz des darin enthaltenen Fehlers, problemlos zu entschlüsseln. Der Malapropismus scheint in diesem Falle sogar in gewisser Weise sinnvoll, er transportiert einen Witz, enthält also sogar ein Plus an Informationen bereit. Nach Davidson sollten wir unsere herkömmlichen Ansichten über das "Beherrschen einer Sprache" gründlich revidieren (vgl. ebd., 118). Als Sinnbild für den Vorgang einer Bedeutungszuschreibung wählt Davidson das Beispiel einer "Interpretationsmaschine" (vgl. ebd., 119 ff.). Diese "Maschine" arbeite keinesfalls rein seriell, sondern durch eine rekursive Strategie der Bedeutungseingrenzung. Ein Interpret gehe etwa von einer Ursprungsbedeutung aus und müsse diese dann durch sukzessive und permanente Hypothesenbildung immer weiter verifizieren. Insgesamt sei dieser Akt ein höchst interaktiver Prozess, der nicht rein linear abläuft:
"Was der Sprecher weiß, muß etwas entsprechen, was der Interpret weiß, um den Sprecher verstehen zu können, denn wenn der Sprecher verstanden wird, ist er so interpretiert worden, wie er interpretiert zu werden beabsichtigt hat" (Davidson 2005, 120).
Es geht also um gemeinsame Schnittmengen von Bedeutung, um gemeinsame Bedeutungsmengen oder -cluster (hier durchaus auch im Sinne konnektionistischer Grundannahmen, vgl. Dell 1997), denn "Bedeutungen sind etwas Gemeinschaftliches", Bedeutungen unterhalten "systematische Beziehungen" (Davidson 2005, 121).
Dichter und Psychosekranke schaffen Neukonstruktionen die irritieren, der Lyriker Durs Grünbein (1996, 56) spricht in seinem Aufsatz "Katze und Mond" von solchen Ausnahmesituationen, er ziele mit seiner Lyrik auf ein Aufhorchen des Lesers bei unerwarteten und scheinbar sinnfreien Bedeutungszusammenhängen. Derartige Irritationen durchbrächen Hör- und Sinngewohnheiten und ließen sich sogar, wie im "Max Planck Institut für Psycholinguistik Nijmegen" nachgewiesen, neurolinguistisch messen (u.a. über das sog. N400-Potential im EEG, ebd.).
Auch Rothenberg findet die Art des Denkens bei Kreativen charakteristisch. Hier bestehe der mögliche Zusammenhang zwischen Kreativität und Psychose, welchen Rothenberg (1990, 12f.) als "translogical style of thinking" bezeichnet. Rothenberg sieht eine Gratwanderung zwischen gesunden, noch geordnetem Denken und einer chaotisch zersplitterten, unproduktiven Denkstruktur in der Psychose, denn "The great creative person which is also psychotic can, and does, shift back and forth between these pathological and creative processes" (ebd., 13). Entscheidende kreative Erkenntnisse, seien diese nun wissenschaftlicher oder künstlerischer Natur, werden offensichtlich durch eine die üblichen Pfade verlassende Denkstruktur begünstigt.6
Der Philosoph Charles Sanders Peirce (1967/1970) entwickelte die Theorie eines Verstehensprozesses mit Hilfe von Hypothesen. Peirce selbst spricht von einem "Hang zur Hypothese", den er gelegentlich "Retrodiktion", meist aber Abduktion nennt (vgl. Nagl 1992, 107). Die Idee der Abduktion ist mit den oben skizzierten Vorstellungen Davidsons verwandt. Abduktive Folgerungen sind nicht logisch sicher, führen allerdings zu einer Risiko-minimierung, was die – um mit Niklas Luhmann zu sprechen – kommunikative Riskanz anbelangt. Nach Peirce muss, wer verstehen will, die vagen Bedeutungsmöglichkeiten und Implikationen abduktiv im jeweiligen Äußerungskontext fixieren.7
Auch Wirth (2000) versteht den Peirceschen Abduktionsbegriff als eine Form der Risikominimierung und betont den Wettcharakter des Phänomens. Abduktion bezeichnet somit keine Form des sich in sicheren argumentativen Bahnen bewegenden Schließens, sondern ist ein Wagnis in sich, vergleichbar mit einer Aktienwette auf ein zukünftiges Produkt. Zu Beginn, etwa von wissenschaftlich-abduktiven Neuentwicklungen, steht die Hypothesenbildung (bzw. das Erfinden einer Regel im Gegensatz zum reinen Verstehen einer Regel). Von dieser Hypothese ausgehend, startet der Innovationsprozess. Diese in erster Linie wissenschaftstheoretische Idee lässt sich fruchtbar auch auf künstlerische Initiationsphänomene übertragen. Während etwa ein Wissenschaftler ihn irritierende Beobachtungen zu einer neuen These bündelt und diese zunächst deduktiv-theoretisch und dann induktiv zu verifizieren versucht, stellt der Künstler vorher gültige Dogmen oder kanonische Festschreibungen in Frage (besonders anschaulich im Expressionismus oder Dadaismus). Aus zuvor vermeintlich unzusammenhängenden Entitäten werden neue, in sich stimmige Einheiten destilliert, die als Ganzes, wenngleich Peirce primär von wissenschaftstheoretischen Ideen ausgeht, auch Kunstwerkcharakter annehmen können. Peirce (1991) schreibt: "Die abduktive Vermutung kommt uns blitzartig. Sie ist ein Akt der Einsicht, obwohl von außerordentlich trügerischer Einsicht. Es ist wahr, daß die verschiedenen Elemente der Hypothese zuvor in unserem Geist waren; aber die Idee, das zusammenzubringen, von dem wir nie zuvor geträumt hätten, es zusammenzubringen, läßt blitzartig die neue Vermutung in unserer Kontemplation aufleuchten" (123).
Gerade im Falle künstlerischen Neuerungen imponiert dieser Peircesche "Blitz" oftmals im Sinne eines Skandals. Nicht umsonst lösen derartige, reflexartige Abduktionen, neben beeindrucktem Staunen, oftmals Widerwillen auf Seiten zeitgenössischer Rezipienten aus.
Der Psychiater Rothenberg macht für kreative Initialprozesse ein sehr ähnliches Denkphänomen geltend, welches er als den "Janusian Process" (1990, 15ff.) bezeichnet. Dieses januskopfartige Denken bezeichnet ein Zusammendenken zuvor disparater bzw. divergierender Sichtweisen, "multiple opposites or antitheses are conceived simultanously, either as existing side by side or as equally operative, valid, ort rue" (ebd.). Dieser Denkstil stehe nun in engem Zusammenhang zum psychotischen Denken, denn "it is truly illogical. Psychotic patients do not appear to be aware of the contradiction when making such an assertion […]" (ebd., 23). Offensichtlich besteht ein Zusammenhang zwischen scheinbar ambigen und disparaten Ideen und einem "psychotischen" Denkstil. Bei aller sprachtheoretischen Betrachtung scheint es daher sinnvoll, Sprachphänomene bei der Schizophrenie und nicht zuletzt die Prozessierung semantisch ambiger Zusammenhänge im Gehirn genauer zu untersuchen. Patienten mit Schizophrenie zeigten in zahlreichen aktuellen Studien (s.u.) signifikante Schwierigkeiten bei der Desambiguierung polysemer Sinnzusammenhänge (vgl. Überblicksaufsatz: Ketteler & Ketteler 2010). Die auch im Gesunden angewandten, semantischen Schwerkräfte scheinen bei der akuten und teils auch bei der subakuten Psychose außer Kraft gesetzt, zuvor nicht zusammenpassende semantische Korrelationen werden in einem quasi "translogischen" Denkstil (Rothenberg) immer wieder neu verknüpft. Dies ist, bei allem Leidensdruck der Patienten, nicht selten ein durchaus kreativer Prozess in welchen sprunghafte Assoziationen einfließen, Wortkontaminationen und Neologismen auftreten oder Anklänge an Semantik oder Phonologie existierender Wörter (Paraphasien) eine Rolle spielen. Rothenbergs "Janusian Process", der nach Rothenberg auch im Gesunden die Basis schöpferischer Betätigung bildet, ist bei der Schizophrenie teils bis ins Groteske gesteigert. Der schizophren Erkrankte kann den natürlich Kreativitätsprozess, je nach Krankheitsintensität, kaum noch steuern wie es etwa ein Künstler vermag, er ist wie ein Künstler ohne Bremse seiner unkontrollierten "Kreativität" ausgeliefert und insofern nicht selten und durchaus im Navratilschen Sinne ein (tragischer) Künstler.8
Ludwig Jägers These, die Störung von Kommunikationsprozessen als einen Normalfall anzusehen führte, über die Theorien von Davidson, Peirce und Rothenberg zu einer Neubewertung kreativer Initiationsprozesse. Eine, durchaus riskante, Hypothese ist nun, diese der Sprache genuin innewohnenden Phänomene, auch neurolinguistisch zu verorten.
Die Bedeutung der Sprachsymptome bei der Schizophrenie und deren neurofunktionelle Lokalisierung
Schneider (1950), dessen diagnostische Konzepte und Einteilungen die diagnostischen Instrumente wie das ICD-10 oder DSM-IV (American Psychiatric Association 2000; World Health Organisation 2005) entscheidend prägten, fokussierte in Bezug auf die Schizophrenie in erster Linie auf die so genannten "Erstrangsymptome" unter denen die sprachlichen Auffälligkeiten eine eher untergeordnete Rolle spielen. Eugen Bleuler (1911) hingegen maß den sprachlichen Besonderheiten und Pathologien, speziell der "assoziativen Lockerung", eine für die Diagnostik entscheidende Bedeutung zu. Erst in den 70er Jahren wurde, u.a. durch Nancy Andreasen (1979a, 1979b) erneut versucht, das Thema der die schizophrenen Symptome kennzeichnenden Denkstörung durch eine genauere Betrachtung von, ja durchaus messbaren, Sprachpathologien, zu ergänzen. Sprachstörungen sollten, wie auch von DeLisi (2001) betont, als Kernsymptome der schizophrenen Erkrankung benannt werden. Crow (1997) postuliert eine mögliche Bedeutung der vor 150.000-200.000 Jahren stattgehabten Hemisphärendifferenzierung für die Disposition des Menschen zur Psychose. Die Schizophrenie sei möglicherweise der Preis, den Homo Sapiens für die Sprachfunktion zahle (Crow 2000).9 Ergänzend lässt sich fragen, ob die Psychose nicht auch ein Teil des Preises sprachlicher Kreativität ist? Es gibt zahlreiche empirische Belege für einen Verlust der Hemisphärenbalance bei der Schizophrenie (Angrilli et al. 2009, Asai et al. 2009, Weiss 2006; und als Review: Ketteler & Ketteler 2010). Auch subtile Sprachverarbeitungsstörungen bei der Schizophrenie sind empirisch gut belegt, insbesondere eine fehlerhafte referentielle Zuschreibung (Marini et al. 2008). Covington (2005) vermutet hinter den Denkstörungen eine gestörte exekutive Sprachfunktion im Sinne einer veränderten Sprachpragmatik. Phonologie oder morphologische Organisation scheinen jeweils relativ erhalten (Chaika, 1990), es bestehen aber zum Teil massive Wortfindungsstörungen (Andreasen 1979a, McKenna et al. 1994, 2005). Insbesondere die Prozessierung vager und ambiger Sprache stellt für schizophrene Patienten offensichtlich ein Problem dar (Titone et al. 2000, Langdon et al. 2002, Corcoran and Frith 2003, Salisbury et al. 2008). Titone et al. (2000) und Wentura et al. (2008) vermuten ein "Hyper-priming” bei der Bedeutungsfindung.
Sollruchstellen sind, wie bereits ausgeführt, auch in der "normalen", sprich ungestörten, Kommunikation eher die Regel denn eine Ausnahme. An derartigen vulnerablen Kommunikationsplätzen ist ein Zusammenhang von Kreativität und Psychose zu suchen. Jede Sprache besitzt bei genauer Betrachtung einen hohen Grad an Polysemie. Die von einem Kommunikanten genutzten Wörter sind durch den semantischen Entscheidungsprozess, wie er auch im gesunden ständig stattfindet, einem ständigen neuronalen Monitoring ausgesetzt (etwa im Sinne konnektionistischer Top-Down bzw. Bottom-Up Prozessierungen).10 Neurofunktionell spielt sich die Prozessierung von Ambiguität im Rahmen subkortiko-cortikaler neuronaler Kreisläufe ab. Ketteler et al. (2008) untersuchten mittels fMRI die Prozessierung von Ambiguitätenrelationen im Gesunden. Die erhobenen Daten lassen auf eine Beteiligung subkortikaler Hirnstrukturen bei der Prozessierung von hochspezifischen Sprachfunktionen schließen. Neben den klassischen Spracharealen (BA 40, 44, 47) imponierten vor allem Aktivierungen im Bereich des linken Thalamus und der Basalganglien (Caudatum). Der Thalamus unterhält zahlreiche Verbindungen in Richtung frontaler Kortexareale wie z.B. dem supplementärmotorischen Areal (BA 6/8), Cingulum und zur Area Broca (BA 44 und 45). Eine Beteiligung subkortikal-kortikaler Regelkreisläufe scheint somit insbesondere für die Zielgenauigkeit der Auswahl möglicher Bedeutungsalternativen von Relevanz zu sein. Mittels struktureller-bildgebender Analysen identifizierten Shenton et al. (2001) Veränderungen des Temporal- Frontal sowie Parietallappens bei Schizophrenen Patienten, ebenso wie eine Volumenreduktion in Basalganglien und Thalamus. Corson et al. (1999) fanden speziell Verringerung des Caudatumvolumens bei 36 Patienten mit Schizophrenie und nahmen eine spezifische Beteiligung des Caudatum bei der Entwicklung schizophrener Symptome an. Bezeichnenderweise wird gerade dieser subkortikale Hirnkern für die Desambiguierung polysemer Sinnzusammenhänge verantwortlich gemacht (Friederici, 2006). Chakos et al. (1994) stellten zudem eine Vergrößerung des Caudatumvolumens nach neuroleptischer Medikation fest, was ebenfalls für eine krankheitsspezifische Beteiligung dieses Basalganglienkernes in Bezug auf die Schizophrenie spricht. Insgesamt ist davon auszugehen, dass veränderte subkortikal-kortikale Sprachprozessierungen für die bei Schizophrenen beobachteten Desambiguierungsschwierigkeiten verantwortlich sind.11
Sprachtheoretisch wie auch neurolinguistisch betrachtet ist die Störanfälligkeit von Sprache also nicht länger rein defizitär zu verstehen, sondern Basis für gelingende Kommunikation. Sie erfordert ein ständiges Äquilibrieren zwischen verstandener und intendierter Bedeutung, also ein ständiges kontextuelles und interkommunikatives Abgleichen von Bedeutungen. Nur so kann man sich eine ständige, neurofunktionelle Bedeutungsprozessierung plausibel erklären, etwa indem man im konnektionistischen Sinne (vgl. Dell 1997) rekursive "Top-Down" bzw. "Bottom-Up" Verschaltungen annimmt.12 Erst durch diese Prozessierungsbedingungen ist überhaupt ein kreativer Umgang mit Sprache möglich. So scheint die Psychose lediglich ein Extremfall unserer regulären Sprachflexibilität, ein extremer Pol sprachlicher Kreativität zu sein. In der Psychose ist der die genuine Instabilität von Sprache stabilisierende ständige Abgleichungsprozess fragil geworden, die Bedeutungen können nicht mehr neuronal eingegrenzt werden, es findet im Extremfall eine Implosion semantischer Netzwerke statt.13
Ergebnisse
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die bisherige Debatte um das Phänomen "Kreativität und Psychose" geprägt war von einer Lagerbildung analytisch vs. biologisch orientierter Sichtweisen. Über den Weg sprachtheoretischer Grundannahmen und eine Sichtung neurolinguistisch-experimenteller Daten konnte ein stimmiges Prozessierungsmodell in Bezug auf semantisch ambige Zusammenhänge entwickelt werden. Dieses sollte auch für die Ätiologie der Schizophrenie eine entscheidende Bedeutung haben. Neuroanatomisches Zentrum hochspezifischer, z.B. ambiger Wortprozessierungen stellen, nach eingehender Literaturrecherche, subkortiko-kortikale neuronale Netzwerke dar, wobei womöglich speziell den lange Zeit vernachlässigten Basalganglien und dem Thalamus eine Schlüsselfunktion zukommt.
Es liegt nahe, die Verwandtschaft von kreativem und psychotischen Denken innerhalb dieser Regelkreisläufe neurofunktionell zu verorten. Verantwortlich für die Prozessierung hochspezifischer Sprachleistungen ist ein reibungsloses Zusammenspiel von Kortex, den hierin zu findenden lexikalischen Speichern und modulierenden subkortikalen Einflüssen. Ist dieses Zusammenspiel massiv im Ungleichgewicht, wie z.B. bei der Schizophrenie, entstehen Sprach- und Bedeutungszuschreibungsvariationen sowie Irritationen, welche sich auf besonders eindruckvolle Art und Weise zu Defiziten z.B. in der Zuschreibung ambiger Bedeutungen zeigen (vgl. Titone 2000, Wentura 2008).
Unsere Kernhypothese ist, dass derartige Irritationen im Sinne eines kreativ-abduktiven (Peirce 1967, 70) oder translogischen (Rothenberg 1990) Denkstiles quasi kreativ nutzbar gemacht werden können. Störung von Kommunikation ist wie gezeigt eher der Normalfall als eine Ausnahme (Jäger 2004) und die schizophrene Symptomatik bietet ein Schaufenster zum Studium dieses regulär-kreativen Ausnahmezustandes. Mit Timothy Crow (2000) ist zu fragen, ob nicht, neben der Sprachfunktion, auch die Kreativitätsfähigkeit der Preis des schizophrenen Erbes innerhalb des genetischen Pools Homo sapiens ist. Über diese Sichtweise wäre auch eine Entstigmatisierung der schizophrenen Erkrankung und eine Neubewertung rein defizitorientierter Krankheitsmodelle anzustreben. Sprachkünstler, sprich Schriftsteller, und insbesondere Lyriker, aber auch wissenschaftlich kreative Menschen, verfügen scheinbar über die, wie gezeigt durchaus auch neurofunktionell lokalisierbare, Disposition, ihren regulär funktionierenden fragilen Bedeutungsfindungskreislauf zu umgehen, sodass es selektiv zu Neuverknüpfungen bzw. Zugriffen auf z.B. semantisch weit auseinander liegende Assoziationen kommt, zu etwas, was Peirce als ein "abduktives", also zur Seite gerichtetes Denken, bezeichnen würde. Derartiges "translogisches Denken" (Rothenberg 1990) führt so zu neuartigen Impulsen, die, aufgrund ihrer Brisanz, nicht selten zunächst ignoriert oder bezeichnender- bzw. treffenderweise als "ver-rückt" disqualifiziert werden. Es geht hierbei nicht um die Heraufbeschwörung eine Geniekultes oder die Verherrlichung einer den Patienten so belastenden Erkrankung wie die einer Schizophrenie. Es geht allein darum, einen interdisziplinären Ansatz aus der Sackgasse einer sich empirisch immer weiter in neurofunktionelle Details verlierenden Forschungstätigkeit zu finden. Nicht ein endgültiges "Heilen" der Schizophrenie kann vordergründiges Ziel solcher Forschung sein, sondern ein verbessertes globales Krankheitsverständnis und eine hiermit einhergehende Akzeptanz der genuinen Dispositionen des Menschen zur Psychose um den Preis einer gesteigerten Kreativität. Psychose ist, so gesehen, ein, wenn auch leidhaftes, Reservoir der Menschheit. Dennoch soll und muss in Bezug auf die Schizophrenie natürlich weiter experimentell geforscht werden, auch um medikamentöse und sonstige Behandlungsformen auszureizen. Für die weitere Forschung bieten sich, neben experimentellen Arbeiten an hochspezifischen Sprachfunktionen, speziell im Sinne linguistischer Mikroanalysen, genaue Textanalysen von Patienten wie Künstlern an. Weiterhin sind die diagnostischen Kategorisierungen innerhalb des ICD-10 bzw. DSM-IV in Bezug auf eine stärkere diagnostische Beteiligung der Sprachfunktion bei Schizophrenie zu überprüfen. Eine Revitalisierung Bleulerscher Sprach-Prioritäten könnte zu neuen, innovativen Forschungsimpulsen führen.
Anmerkungen
1 Interessant ist in diesem Zusammenhang die Kontroverse zwischen dem Psychiater Uwe Henrik Peters und dem Germanisten Pierre Bertaux. Während Peters (1982) beim späten Hölderlin klar zu bestimmende psychotische Sprachproduktion erkennt, wehrt sich Bertaux (1978) gegen eine pathographische Lesart des Hölderlinschen Werkes. Letztlich geht es aber auch Peters nicht um eine Pathologisierung des Künstlers sondern um ein Verständnis des Dichters mit all seinen Leidbezügen. Nicht zuletzt aufgrund der Andersartigkeit schizophrener Sprachproduktion eröffne diese, etwa durch die Reflexionsgabe des Dichters gespiegelt, tiefe Einblicke in die besonderen Wirkkräfte künstlerischen Ausdrucks (vgl. hierzu auch Uwe Gonther (2010) in dem sehr lesenswerten Band "Hölderlin und die Psychiatrie"). Ziel einer Reflexion über die pathographische Deutung künstlerischer Sprachproduktion, so stellen es Jann Schlimme und Uwe Gonther (2010) heraus, ist nicht etwa eine Pathologisierung von Kunst, es gehe im Gegenteil gehe darum "die betroffene Person in ihrer individuellen Lebensführung zu erkennen, welche hierin durch bestimmte Symptome sowohl eingeschränkt als auch ermöglicht" werde (288). Schon Benedetti (1975) zielt in diese Richtung, wenn er schreibt: "Die psychische Grenzsituation, wie ich sie in diesem Kontext verstehe, ist die positive Seite eines negativen Phänomens, nämlich der Psychopathologie." Eine psychische Krankheit im Sinne einer "Grenzsituation der Existenz" trage wesentlich dazu bei, "diese zu erhellen, weil der in ihr weilende Mensch gerade von dieser Position aus etwas zu erfassen vermag, was dem in der fragloseren Mitte Wohnenden entgeht" (15).
2 Vgl. hierzu auch die Positionierungsbestrebungen der "Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde" (DGPPN): "Auch manche Missachtung durch Fachkollegen baut auf der Annahme, Psychiater seien klinisch weltfremd. Dabei muss gerade der Psychiater sowohl die somatischen als auch die psychischen Symptome in ihrem psychosozialen Kontext erkennen und diagnostisch einordnen können" (Schneider et al. 2011, 73).
3 Schon Prinzhorn (1922) versteht die Triebfedern des Schaffensdrangs als Ausdruck eines triebhaft verwurzelten Ausdrucksbedürfnisses, dem "Spieltrieb" und "Schmucktrieb" verwandt. Kind wie Künstler teilten ein gesteigertes Interesse für derlei primär zweckfreie Betätigungen (19 f.). Für Prinzhorn ist die menschliche Kreativität, auch im Sinne seiner Zeit, "ein dunkler triebhafter Drang". Aber: "das Ausdrucksbedürfnis" unterscheide sich dennoch von einem auf reine Entladung gerichteter Trieb, sondern sei vielmehr "als allgegenwärtiges Fluidum zu begreifen, wie der Eros" (18 f.).
4 Vgl. auch den FAZ-Artikel vom 27.5.2011: Konstanze Crüwell: Verrückt nach Kunst. Das Jubiläum der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg.
5 Im Original 1930.
6 Der Wissen¬schaftshistoriker Hans-Jörg Rheinberger (2007) versteht Kunst, Philosophie und Naturwissenschaft als Texturen jeweils unterschiedlicher Webart, welche miteinander ein System formen. Erst über die Tätigkeit des Schreibens kondensierten sich so Denkgebäude, welche die Daten neurofunktioneller Experimente als Quell neuer Inspiration nutzten. Rheinberger hinterfragt die Produktions¬bedingungen heutiger Naturwissenschaft und verweist auf die kreative Sprengkraft, die z.B. dem "Gekritzel" der Wissenschaftler innewohnt. Diese wenig beforschten Kritzeleien und Notizen (Laborjournale etc.), welche erst in der Zusammenstellung von Originalarbeiten geglättet und schematisiert würden, ließen sich durchaus mit dem "Werk eines literarischen Autors oder dem eines Künstlers" in Verbindung bringen (Rheinberger 2005, 86 f.).
7 Vgl. Wirth, 2000. Wirth zeigt die engen Beziehungen zwischen den Davidsonschen und Peirceschen Theorien auf.
8 Anzumerken ist, dass auch ein nicht primär kranker Künstler nicht selten von rauschartigen Schreibzwängen übermannt wird. Die amerikanische Neurologin Alice Flaherty (2004) beschreibt in ihrem Buch lesenswerten Buch "Die Mitternachtskrankheit" einen Zusammenhang zwischen Kokaingebrauch und Schreibsucht. Sie macht insbesondere Netzwerke in den Basalganglien für derartige Schreibzwänge verantwortlich (Flaherty 2004, S. 248). Anschauliches Beispiel für einen solchen "Schreibzwang" ist etwa das Gedicht "Cocain" in Gottfried Benns Gedichtzyklus "Der Psychiater" (GEW I, 108). Die zersprengte Form des lyrischen Texte in "Cocain" reflektiert die psychischen Disposition des lyrischen Ichs. Was bei einem Psychotiker als oft qualvolle "Ich-Störung" imponiert, genießt die kokainberauschte lyrische Figur hier als Grenzerfahrung, als "das Entformte."
9 Interessanterweise mildert sich diese Lateralisierung der Sprachfunktion mit zunehmendem Alter (Cabeza 2002), was einen protektiven Faktor bzgl. der Erstmanifestation von Schizophrenien darstellen und den in der Regel frühen Erkrankungsbeginn der schizophrenen Psychosen erklären könnte.
10 Schmidt (2000, 17) betont neben der Fähigkeit des Gehirns zur "Selbstexplikation", basierend auf der neuronalen Reizunspezifität, die Fähigkeit des Gehirns zur "Komplexitätsreduktion". Das Gehirn könne "Zustände rekursiv abbilden und damit die Grundlage für die Konstruktion von Hierarchien kognitiver Welten liefern" (ebd.). Die Fähigkeit des neuronalen Systems zur Reduktion von Komplexität findet vor dem Hintergrund der bisherigen sprachphilosophischen Überlegungen seine Entsprechung in der Varianz und Vagheit der Bedeutungen. Bedeutungs¬hierarchien können immer wieder aktiv (re-)konstruiert werden, Bedeutung kann deshalb schon neurophysiologisch betrachtet niemals endgültig fixiert sein, da das Gehirn aus einem zunächst neutralen Code ein semantisches Netzwerk konstruieren muss. 11 An dieser Stelle ist sprachtheoretisch zu fragen, inwiefern die schizophrene Symptomatik nicht, analog zum Kreativitätsproblem, ein weiteres sprachtheoretisches Universalproblem verdeutlicht, nämlich die Frage, ob nicht Sprache prinzipiell polysem ist. Der horror infinitatis, "die Furcht vor einer – aus der Sicht mancher Autoren durch¬aus zu gewärtigenden – ‚proliferation of different sense‘" (Wichter 1988, 35), scheint eine wesentliche Motivation zu sein, das Problem der semantischen Ambiguität definitorisch und klassifikatorisch zu behandeln. Es drängt sich die Frage auf: Ist ein Phänomen wie Polysemie vielleicht geradezu konstitutiv für jede Form von Sprache? Auch Lyons (1977, 554) spielt mit diesem Gedanken: "Does ,mouth‘ have the same meaning in ‚the mouth of a river’ for example, as it has in ,the mouth of a tunnel‘ or ,the mouth of the jar‘?" Aus der vermeintlich unendlichen Proliferation von Mehrdeutigkeiten ergibt sich der Vorschlag, evtl. nur noch den Begriff der Polysemie (anstelle von Homonymie) zu verwenden. Sprachphilosophisch bzw. neurolinguistisch betrachtet ist eine solche Position nicht uninteressant. Mit Jacques Derrida treffen wir auf einen Exponenten der neueren Philosophie, der die ständige Proliferation der Bedeutungen im Rahmen von Kommunikation thematisiert. Derrida spricht etwa davon, dass die Begriffe im Laufe der Zeit durch "Aufpfropfungen" (1995, 402) jeweils neue Bedeutungszuschreibungen erhalten können. Hieraus ergibt sich eine gewissermaßen unendliche Aufladung von Wörtern mit Bedeutung, veraltete Bedeutungen verschwinden, können vergessen werden, sind aber jederzeit reaktivierbar.
12 Oder im sprachtheoretischen Sinn stetige Relektüreprozesse (vgl. Jäger 2004).
13 So kommt es z.B. auf der einen Seite zu Logorrhoe bzw. auf der anderen Seite zu völligem Mutismus.
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Dr. med. Dr. phil. Daniel Ketteler
Dufourstrasse 161
8008 Zürich
daniel.ketteler@gmail.com
Dr. med. Dr. phil. Daniel Ketteler, geboren 1978 in Warendorf, Studium der Medizin sowie der Germanistik/Linguistik (M.A.) an der RWTH Aachen. Aktuell, nach Stationen an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sowie einem Fremdjahr, Arzt in Weiterbildung im Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung (ZADZ) Zürich.